Friedrichstadt, das „Holländerstädtchen“ nahe Husum bietet im Stadtzentrum sehenswerte Häuser der niederländischen Backsteinrenaissance und Grachten.
Ich schaue mich um und schließe dann einen Augenblick die Augen. Ja, ich muss in den Niederlanden sein, denke ich. Die Häuser, Straßen und Grachten – alles erinnert mich hier an eine niederländische Kleinstadt. Aber statt in den Niederlanden bin ich nahe der Nordseeküste in Schleswig-Holstein. Ich stehe auf dem Marktplatz von Friedrichstadt, dem „Holländerstädtchen“ zwischen Eider und Treene, wenige Kilometer südlich von Husum.
Knapp 3000 Einwohner hat die nordfriesische Stadt. Und das mit den Niederlanden ist gar nicht so falsch. Denn gegründet wurde Friedrichstadt, um hier Niederländer anzusiedeln.
Die vielen Häuser der niederländischen Backsteinrenaissance und die Grachten, die das Bild der Planstadt prägen, sind bis heute ein Grund, warum Touristen Friedrichstadt in Scharen besuchen.
Zwischen Treene und Eider
Im Norden des Stadtzentrums fließt die Treene, südlich die Eider. Die Verbindungen zwischen beiden begrenzen die Altstadt. Grachten verbinden beide. 17 Hektar ist die Planstadt groß, gestaltet anhand eines Schachbrettmusters.
Der ältere Teil der Stadt wird von zwei Grachten durchzogen. Der Fürstenburggraben liegt im Süden, der Mittelburggraben trennt südliche Vorder- und nördliche Hinterstadt.
Gegründet hat Friedrichstadt ihr Namensgeber Friedrich III., damals Herzog von Schleswig-Holstein-Gotdorf. Das war im 17. Jahrhundert.
Der Herzog plante sein Land zum Mittelpunkt einer Handelslinie von Spanien über Russland nach Ostindien zu machen. Dazu brauchte er einen Handelshafen und entschied sich für eine Neugründung, eine Planstadt.
Die Idee für Friedrichstadt war geboren. Friedrich III. plante, in der neuen Stadt Niederländer anzusiedeln, den die genossen den Ruf als erstklassige Wasserbauer.
Stadt der Religionsfreiheit
Damals gehörten in den Niederlanden die Remonstranten zu den religiös verfolgten Gruppen. Und genau diesen Remonstranten bot Friedrich III. mit Friedrichstadt eine neue Heimat an, in der es Religionsfreiheit geben sollte. Zudem sollte dort niederländisch Amtssprache sein und die Straßenzüge mit Grachten an die niederländische Heimat erinnern.
1621 wurde mit dem ersten Hausbau der Planstadt begonnen. Schon vier Jahre später stand der erste Stadtteil rund um den heutigen Markt.
Start am Marktplatz
Den Pkw kann man auf großen Parkplätzen außerhalb der Altstadt abstellen und über Brücken ins Stadtzentrum gehen, man kann aber auch auf dem Marktplatz parken. An diesem zentralen Punkt, dem wohl schönsten Ort in der Altstadt, sollte man einen Rundgang beginnen.
Umgeben ist der Marktplatz vom Rathaus, einer Steinbrücke über den Mittelburggraben, einem kleinen Park und der Marktpumpe mit einem hübschen gotikähnlichen Brunnenhäuschen. Die Westseite des Marktes bildet neun Treppengiebelhäusern. Die sollte man ausführlich betrachten, den sie ist die einzige geschlossene Front holländischer Kaufmannshäuser aus der Gründungszeit. Die Giebel der Häuser zieren Hausmarken: von der Seerose und einem Adler bis zu Sternenhimmel und Mühle.
Mennoniten, Lutheraner und Quäker
Der Ruf der Religionsfreiheit ließ auch andere Religionsgemeinschaften in Friedrichstadt eine neue Heimat suchen. Auch finanzkräftige Mennoniten kamen, Katholiken und Juden, Deutsche und Dänische Lutheraner, Unitarier, Quäker sowie auch Hugenotten und Religiöse Separatisten zog es nach Friedrichstadt, wo es schon bald etliche Kirchengebäude gab.
Lange blieben die Niederländer die dominierende Bevölkerungsgruppe.
Zwar hat Friedrichstadt nie die angedachte große wirtschaftliche Rolle gespielt, das verhinderten damals viele Kriege, doch die Stadt stand nie schlecht da. Die Religionsvielfalt in der Stadt hat sich übrigens bis heute erhalten.
Durch die Straßen von Friedrichstadt
Über die Steinbrücke des Mittelburggrabens gelangt man in den Stadtteil mit kleinen hübschen Holländerhäusern. Die aber findet man auch der anderen Seite der Gracht. Vorbei an Kirchen, dem Museum und den vielen hübschen kleinen Häusern und mehrstöckigen Bürgerhäusern, durchstreifen wir die Straßen. An jeder Ecke tauchen neue, reizvolle Ansichten auf.
Vorbei an der Bootsstation, wo Touristen mit Ausflugsbooten die Grachten erkunden können, kommen wir zur Prinzenstraße. Die Einkaufsstraße und Fußgängerzone bietet etliche nette Geschäfte. Hier geht es meist lebhaft zu. Die Prinzenstraße führt dann direkt wieder zum Marktplatz.
„Tot ziens“, sagte ich beim Abschied aus der „Holländerstadt“ mit einer faszinierenden Geschichte. Die Stadt ist tatsächlich ein Juwel. Nicht nur für niederländische Besucher.