Lizard Point in Cornwall, der südlichste Punkt von England. Vor uns liegt der Ärmelkanal. Wellen branden gegen bezaubernde Felsformationen. Der Ort soll ein gewaltiger Schiffsfriedhof sein.
Denn bei Flut sind die vielen Felsen im Meer nicht zu sehen. Manche Felsen kann man auch jetzt nur erahnen. Kein Wunder also, wenn hier die Schiffe strandeten. Die Wellen sind hier allerdings ruhiger als an Land´s End, der westlichsten Spitze Englands. Denn dort schlagen die Wellen des Atlantiks sogar gegen die Felsen.
Lizard Point, knapp einen Kilometer vom Ort Lizard entfernt, steht unter Verwaltung des National Trust. Von hier blickt man auf den meist befahrenen Schifffahrtsweg der Welt: den Ärmelkanal. Lizard Point ist die nördliche Einfahrt in den Kanal. Ein Ort, der mich weitaus mehr faszinierte als das touristisch erschlossene und vermarktete Lands End.
Wir sind über die A3083 von Helston aus auf die Halbinsel gefahren. Von Lizard aus geht es über die Lighthouse Road Richtung südlichster Punkt. Kurz vor der Landspitze müssen wir nach links abbiegen, die restliche Straße ist Einbahnstraße.
Fußweg zur Südspitze von Lizard Point
In weitem Bogen, an einem Leuchtturm vorbei, kommen wir zu einem großen Parkplatz des National Trust. Zwar gibt es auch weiter unten, direkt an der Landspitze Parkplätze, doch die sind morgens schon rasch belegt. Vom Parkplatz aus folgen wir einem Fußweg. Treppenstufen führen bergab. Das Rauschen des Meeres wird jetzt kräftiger. Und dann blicken wir auf eine bezaubernde Felsenformation, sehen die Brandung unter uns am Felsen lecken. Lizard Point ist erreicht.
Vorbei an dem kleinen Parkplatz, einem Café und einem Informationsstand des National Trust kommen wir näher zu Südspitze. Zeit, Platz zu nehmen und aufs Meer zu sehen. Durchatmen. Touristen sind auch hier. Aber weitaus weniger als in Lands End.
Das verlassene Gebäude der Seenotrettung
Doch der asphaltierte Weg führt noch weiter bergab. Es geht um eine Kurve, der Weg führt jetzt steil nach unten zum kleinen Strand. Vor uns liegt es: Wie ein Lost Place steht das Gebäude der Royal National Lifeboat Institution vor uns. Hier war ein Rettungsboot der Seenotrettung untergebracht. Die Retter bekamen eine neue Station an anderer Stelle. Das Gebäude ist jetzt verlassen. Die Rampe für das Boot führt noch ins Meer. Irgendjemand nutzt die Halle jetzt als Lager für Ruderboote.
Auf der anderen Seite, dort wo unser Parkplatz ist, stehen zwei interessante Gebäude: die Leuchttürme Lizard Lighthouse, von denen nur noch einer in Betrieb ist. Daneben befindet sich ein in viktorianischer Zeit gebautes Hotel.
Hier wurde Funkgeschichte geschrieben
Hier oben ist der Ort, an dem zu Beginn des 20. Jahrhunderts Funkgeschichte geschrieben wurde. Der Italiener Marconi arbeitet am Lizard Point an der Entdeckung der Funktelegrafie. Er baute Ende 1900 eine Funkstation, mit der die erste transatlantische Verbindung durchgeführt wurde. Als Premiere tauschten US-Präsident Theodore Roosevelt und König Eduard VII. Grußbotschaften aus. Das von Marconi entwickelte System wurde von der Kriegsmarine übernommen. Ab Ende 1903 wurden täglich Funktelegramme zwischen Glace Bay in Nova Scotia und Poldhu in Cornwall (Entfernung ca 4000 Kilometer) übertragen.
Im Jahr 1909 bekam Marconi für seine praktischen Arbeiten im Bereich der Funktelegrafie, gemeinsam mit seinem Gegenspieler Ferdinand Braun, der die theoretischen Grundlagen dazu erarbeitete, den Nobelpreis für Physik.
Übrigens: Marconi bekam als Preis für seinen Beitrags zur drahtlosen Telegrafie eine Freikarte für die Jungfernfahrt der Titanic im April 1912 angeboten. Er hatte aber keine Zeit und nahm daher drei Tage früher die RMS Lusitania. Somit entging er dem Untergang der Titanic. Genau drei Jahre später, im April 1915, war Marconi bei der Atlantiküberquerung an Bord der Lusitania. Das Schiff wurde dabei von einem deutschen U-Boot versenkt.