Als ich am Flughafen ein Sicherheitsrisiko war

"Sie haben eine Flüssigkeit in der Tasche", sagt sie überaus ernst. "Nein," sage ich." "Doch", kontert sie

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Freitag, 26. April, morgens um halb acht. Das Boarding für den Air Berlin-Flug nach München wird gleich beginnen. Jetzt noch schnell durch die Sicherheitsschleuse im Flughafen Düsseldorf.

Eine lange Schlange gibt es an der Sicherheitsschleuse heute Morgen nicht. Ich stelle meine Reisetasche in den ersten Korb des Förderbandes. In den zweiten kommt alles andere, wie gewohnt. Sicherheit beim Fliegen muss sein. Das ist auch in Ordnung so. Portemonnaie, Armbanduhr, Zigarettenschachtel samt Feuerzeug, mein Plastiktütchen mit Zahnbürste, kleinem Deo und Zahnpaste, mein Smartphone, den Gürtel ausziehen und unter die Jacke legen – und schon rollt auch Korb 2 zum Durchleuchten.

Meist sind es die Nieten an die Jeans

Mein Weg durch die Schleuse verläuft ohne Piepsen. Erstaunlich, denn meist sind es die Nieten an die Jeans, die das aufgeregte Piepen auslösen. Der Mann vom Sicherheitsdienst nickt fast freundlich und lässt mich vorbeigehen. Korb 2 wartet auf mich. Ich stecke meine Sachen in die Jackentasche – und vermisse Korb 1. Den mit meiner schwarzen Reisetasche. Den aber hält eine junge Mitarbeiterin des Sicherheitsdienstes an einem Tisch neben dem Förderband eng umklammert. Ernst blickt sie mich aus der Uniform mit den hübschen Augen unter langem schwarzen Haar an.

Sie haben eine Flüssigkeit in der Tasche

„Sie haben eine Flüssigkeit in der Tasche“, sagt sie überaus ernst. „Nein,“ sage ich. „Habe ich nicht“ (Ich bin mir sicher. Sehr sicher sogar). „Doch“, kontert sie „Wir haben das auf dem Bildschirm gesehen“. „Ich habe aber trotzdem keine Flüssigkeit da drin“, sage ich trotzig, was sie mit einem „Öffnen Sie bitte die Tasche“, kontert. Ich ziehe den Reißverschluss der Seitentasche auf. Sechs Zigarettenschachteln und zwei Bücher sind drin. Sie tastet über die mit Plastik verschweißten Schachteln und das bedruckte Papier. Dann Seitentasche zwei. MP3-Player, Rasierer und Tagebuch. Sie ist dennoch nicht zerknirscht und zeigt auf die Haupttasche.

„Aufmachen“. Ich gehorche.

„Aufmachen“.
Ich gehorche.

„Auspacken?“, frage ich. Sie blickt auf meine beiden Hemden, die Socken und Unterhosen.

Da sie wohl nicht los wühlen will, tue ich das für sie. „Sehen Sie, keine Flüssigkeit“, grinse ich. Die Schwarzhaarige ruft ihren Kollegen am Bildschirm. „Hier ist keine Flüssigkeit drin“ — Er guckt. — Dann ruft er zurück „Das ist ja auch die falsche Tasche“.
„Oh“, sagt sie und ich kann mir das Grinsen nicht verkneifen.

Dann habe ich wohl die falsche Tasche erwischt

„Dann habe ich wohl die falsche Tasche erwischt“, murmelt sie und deutet mir an, ich könne einpacken.
Tue ich – und warte.
Wie gesagt: Ich habe kein Problem mit den Sicherheitschecks. Und lieber einmal zu oft, als einmal zu wenig kontrolliert. Ich bin also auch nicht verärgert, sauer oder beleidigt.

Doch während ich warte … passiert nichts.

Ich sah im Geiste die roten Alarmsirenen blinken, hörte den durchdringenden schrillen Alarmton, sah Bundespolizisten heranstürmen, Hunde an der Leine, ausschwärmen, den zu finden, der in der Tasche „Flüssigkeit“ durch die Sicherheitsschleuse transportiert hatte. Doch nichts passierte.

Die Schwarzhaarige widmete sich längst wieder dem Bildschirm des Kollegen, kein Alarm, keine Polizisten, keine Hunde.

Niemanden interessierte mehr die eben noch so wichtige „Tasche mit der Flüssigkeit“.

Den Fremden mit der Flüssigkeit (vermutlich der Kerl, der hinter mir durch die Schleuse ging) suchte niemand. Der spazierte nun mit einer Tasche voller „Flüssigkeit“ durch den Flughafen, saß in meinem Flieger – und niemanden interessierte es mehr.

Da war ich nun doch verärgert. Sauer über die Laschheit bei der Kontrolle. Und auf die resolute Schwarzhaarige, die gar nicht resolut ist…

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