Der geheimnisvolle Artushof in Danzig

Im Sonnenlicht strahlt der Artushof am Langen Markt in Danzig.

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Die Sonne muss scheinen. Kräftig und hell. Dann nämlich strahlt der geheimnisvoll wirkende Artushof am Langen Markt in Danzigs Innenstadt und hat diese fast märchenhafte Aura, die – wie sein Name – ein Geheimnis zu bergen scheint.

An drei gewaltige gotische Fenster an der Frontseite, ein mächtiges Portal, an den Fenstern, Nischen und am Giebel Skulpturen, symbolisierend Gerechtigkeit, Tapferkeit und Glück sowie weitere Tugenden, lassen den Artushof herausstechen zwischen den verspielten und kunstvollen Häusern am Langen Markt.

Im Mittelalter trafen sich hier die Kaufleute und Adlige, die sich in Bruderschaften zusammenschlossen. Zuerst aber war hier der Versammlungsort der Sankt Georgs Bruderschaft. Verbunden fühlte man sich damals dem legendären König Artus und der Tafelrunde. Man pflegte ritterliche Bräuche (wie Turniere), dachte und handelte ritterlich. Artushöfe gab es damals übrigens in vielen Städten entlang der Ostsee. In Danzig steht allerdings der einzig erhaltene seiner Art.

Nach Brand und Wiederaufbau im 15. Jahrhundert kehrten auch Kaufleute und Reeder hier ein. Insgesamt sieben Bruderschaften entstanden. Die Bruderschaften schlossen sich in Banken (benannt nach der Holzbank auf der man sich traf) zusammen. Mehr und mehr zogen bürgerliche Werte in das Denken im Artushof, der Zentrale dieser Bruderschaften, ein.

Jede Bruderschaft schmückte ihre Ecke

Die Mäzene in der Bruderschaften entdeckten die Kunst. Wertvolle Werke wurden installiert. Jede Bruderschaft schmückte so ihre Ecke in der großen dreischiffigen Festhalle. Der Artushof wandelte sich später zur Börse, Krämer zogen danach ein. Zwischendurch war im Festsaal sogar ein Lazarett untergebracht. Im 2. Weltkrieg hatte man viele der Kunstwerke ausgelagert. Dadurch konnte man nach 1945, als der größtenteils zerstörte Artushof wiederaufgebaut wurde, die Kunstwerke wieder aufstellen.

350 m² misst der Saal des Artushofes. Ein gotisches Sterngewölbe wird von vier zierlichen Granitpfeilern gestützt. Üppig die Dekoration. Renaissancegemälde, Holzplastiken, Rüstungen, Schiffsmodelle und vor allen der Renaissance-Kachelofen. 12 Meter ist er hoch, besteht aus 268 farbig verzierten Kacheln (mit teilweise auch humorvollen Bildern) und ist weltweit der höchste Kachelofen aus dem 15. Jahrhundert.

Ich setzte mich auf einen der Stühle im Saal, der heute auch zu Festveranstaltungen dient. Ein Buch verschaffte mir ein wenig Eindruck der Atmosphäre früherer Jahre. E. T. A. Hoffmann schrieb 1815 die Erzählung „Artushof“, eine Liebesgeschichte, und ließ darin die Zeit des Hauses als Börse aufleben.

E. T. A. Hoffmann: Eine Liebesgeschichte

Ich las: „In den Mittagsstunden wogte drängend und treibend der Handel den mit Menschen der verschiedensten Nationen gefüllten Saal auf und ab, und ein verwirrtes Getöse betäubte die Ohren. (…)

(Am Abend) … schlich ein magisches Helldunkel durch die trüben Fenster, all´ das seltsame Bild- und Schnitzwerk, womit die Wände überreich verziert, wurde rege und lebendig. Hirsche mit ungeheuren Geweihen, andere wunderliche Tiere schauten mit glühenden Augen auf Dich herab, Du mochtest sie kaum ansehen; auch wurde Dir, je mehr die Dämmerung eintrat, das marmorne Königsbild in der Mitte nur desto schauerlicher.

Das große Gemälde, auf dem alle Tugenden und Laster versammelt mit beigeschriebenen Namen, verlor merklich von der Moral, denn schon schwammen die Tugenden unkenntlich hoch im grauen Nebel, und die Laster, gar wunderschöne Frauen in bunten schimmernden Kleidern, traten recht verführerisch hervor und wollten dich verlocken mit süßen Gelispel.“

Puppenspiel am Nebenhaus

Am Gebäude gleich neben dem Artushof gibt es mehrmals am Tag ein Puppenspiel zu sehen. Oben im Giebel öffnet sich dann ein Fenster und eine Frauenpuppe schaut heraus. Sie hat nichts mit dem Artushof zu tun, sondern wurde hier 2002 installiert. Die Puppe verkörpert die Figur Hedwigs aus dem polnischen Roman “Das Fräulein im Fenster” von Jadwiga Łuszczewska-Deotyma, die 1858 in Danzig gewesen sein soll. Das Fräulein soll auf dem Dachboden bei Wasser und trockenem Brot eingesperrt gelebt haben, weil man so ihre anstehende Ehe verhindern wollte.
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