Wir verlassen Arles in nordöstlicher Richtung. Unser Ziel ist die Abbaye de Montmajour. Nach wenigen Kilometern durchfahren wir ein Gebiet, das einmal ein Sumpf war. Auf einer felsigen Anhöhe, mitten im ehemaligen Sumpf, erheben sich auf einem Felsen die Mauern der Abtei Montmajour.
Benediktinermönche haben den Sumpf trocken gelegt und die Abtei gebaut. Um 1016 entstand hier eine Eremitage mit dem Namen Saint-Pierre. Das war eine halb in den Felsen gehauene romanische Kapelle. Die Abteikirche baute man erst später.
Inzwischen sind wir auf dem großen Parkplatz vor Montmajour angekommen. Hoch und düster erheben sich die Klostermauern und ein Festungsturm.
Unschöne Erinnerung
An den Parkplatz habe ich keine guten Erinnerungen. Bei einem Besuch vor etwa 20 Jahren mussten wir hier zusehen, wie ein Auto ausgeräumt wurde. Das ging damals blitzschnell. Ein Pkw fuhr vor. Ein Mann stieg aus. Er schmiss mit einem großen Stein die Heckscheibe eines geparkten Pkw ein, schnappte sich eine Tasche aus dem Kofferraum und sprang damit wieder in sein Auto, das dann davonraste. Wir waren entsetzt. Den Pkw parken wir seitdem nur noch auf bewachten Parkplätzen.
Montmajour, das reiche Kloster
Wenige Meter den Hügel hinauf und wir betreten die Abtei Montmajour, die damals wie auf einer Insel von Sümpfen umgeben, gestanden haben soll.
Montmajour war ein reiches Kloster. Das verdankten die Mönche der „Reliquie des Wahren Kreuzes Christi“, die in der Krypta verehrt wurde. Angeblich war das ein Fragment des Kreuzes, an dem Jesus starb. Ein solches nämlich wurde seit dem 4. Jahrhundert in Arles verehrt.
Diese Reliquien zog Pilger an. Sie kamen scharenweise und machten die Abtei dank des florierenden Ablasshandels reich.
Eine weitere Bedeutung bekam das Kloster, das nun mit einer Festungsmauer und dem Wehrturm befestigt wurde, als es die Grablege der Grafen der Provence wurde.
Nicht nur wehrhaft, auch abweisend wirken die Mauern auf den Besucher. Über allem ragt der Wachtturm „Tour de l´Abbé“.
Einsiedelei, Krypta und Kreuzgang
Innen entdecken wir sogar die Ursprünge des Klosters: die Einsiedelei aus dem 11. Jahrhundert mit der Kapelle Saint-Pierre.
Vorbei am 26 Meter hohen Wehrturm kommen wir zur Abteikirche Notre-Dame von 1140. Von dort geht es in die Krypta, dann in die Reliquienkapelle Sainte-Croix sowie den Kreuzgang mit den Gräbern der provenzalischen Grafen. Der Speisesaal ist teils in den Felsen geschlagen. Nach Kapitelsaal und Sakristei stehen wir auf dem Friedhof mit in den Fels geschlagenen Gräbern.
Als die Mauriner einzogen
Im 17. Jahrhundert endete die Geschichte der bisherigen Bewohner durch eine Reformbewegung. Die Mauriner, das waren Benediktiner der Kongregation des Heiligen Maurus, vertrieben die Bewohner aus Montmajour und gründeten das Maurinerkloster Saint-Maur.
Im Kloster bauten sie einen Palais, sodass man Montmajour schon bald das „Schloss der Mönche“ nannte. Montmajour wurde nun zu einem Zentrum geistlicher und wissenschaftlicher Arbeiten.
Die „Halsbandaffaire“
Das Ende des Klosters kam 1786. Der Erzbischof von Straßburg war gleichzeitig Titualarabt von Montmajour. Er war in die sogenannte „Halsbandaffaire“ am Hof verstrickt. Dabei ging es um ein kostbares Diamantenhalsband, das Marie-Antoinette haben wollte, aber durch Schuld des Bischofs Gaunern in die Hände fiel. Zur Strafe für den Titularabt ließ König Ludwig XVI. die Abtei schließen.
Während der Französischen Revolution wurde das Kloster als Steinbruch genutzt und die Ruine später dann mehrmals verkauft. Erst 1840 stellte man die Gebäude unter Denkmalschutz. Vor rund 30 Jahren begann die teilweise Restaurierung.
Geschichte und Architektur der Provence leben in dieser Abtei, geschaffen für eine Gemeinschaft von 50 bis 80 Mönchen bis heute weiter. Und auch in einem Gemälde von Vincent van Gogh, der zeitweise in Arles lebte und malte. Sein Bild der Klosterruine heißt „Sonnenuntergang bei Montmajour“.