Wie bereitet man sich als deutscher Fußballfan auf den Besuch eines Footballspiels, der wohl amerikanischsten Sportart, vor? Ich könnte, überlegte ich – bevor ich im Hockeypark Mönchengladbach das Spiel der Mavericks gegen die Kieler Hurricanes sehe – zum Beispiel die amerikanische Nationalhymne summen, eine Schirmmütze aufsetzen, Cola- und Bierdosen mitnehmen und vor der Abfahrt ein Clint-Eastwood-Video gucken. Überlegte ich. Ließ aber lieber sein.
Außer, dass ich die Superbowl-Übertragung aus den USA – ich glaube damals war Boris Becker der Co-Kommentator (warum eigentlich der?) gesehen habe, kann ich kaum Kompetenz in Sachen Football nachweisen.
Der Schmerz vergeht
Ich stellte mir die Frage: Was ist American Football? Meine Antworten waren simpel: Hauptsächlich Männer und Testosteron unter sich. Ich erinnere mich an den Footballfilm „Helden aus der 2. Reihe“, in dem Keanu Reeves als Quarterback sagt „Der Schmerz vergeht und die Mädels stehen auf Narben – aber Ruhm und Ehre, das hält ewig.“ Football, das ist, wenn ein Leder-Ei über eine Wiese befördert wird und der Mann mit dem Ei von übergewichtigen Anabolika-Süchtigen umgeworfen wird.
Und Football, dass ist die Sportart, wo man den Ball über statt in das Tor schießen muss. Football ist die Sportart mit den Cheerleadern. Mädchen, die in den USA heilige Kühe sind. Sie sind werden in den US-Medien asexuell dargestellt. Und natürlich ist Football familienfreundlich, brutal, – denn alle sind eigentlich nett.
Cheerleader faszinieren
Abends im Hockeypark haben mich zunächst die Cheerleader fasziniert. Zwar (für meinen Geschmack) noch etwas sehr jung, lenkten mich die sieben Mädchen mit ihren Arm- und Beinbewegungen sowie Anfeuerungsrufen, den Cheers und Chants, vom Spiel ab. Das Heimspiel der Footballer der Mönchengladbach Mavericks (der Stiere) gegen die Hurricanes aus Kiel, dem deutschen Meister der letzten Saison, endete mit einem Sieg der Norddeutschen. 1500 Zuschauer im Hockeypark. Wenig für eine 1. Bundesliga – viel für einen hierzulande (fast) unbekannten Sport.
Fast hätte ich -wie sonst auch – vom Footballspiel nichts verstanden und mich weiter den Cheerleadern gewidmet, da kam André Fossen ist Spiel. Der nämlich ist der Stadionsprecher der Mavericks und hat ein Talent: Er kann Football erklären.
Fast schon im Stil eines Radioreporters kommentierte er jede Aktion auf dem Platz, erklärte jede Schiedsrichterentscheidung (die Footballer haben sogar sieben Schiris) und jede Taktik. Da wurde immer klarer, warum man Football auch als „Rasenschach“ bezeichnet. In dem Spiel der 44, unterteilt in eine Offense (Angriff) und Defense (Verteidigung), steckt ganz schön Raffinesse.
Defense go
Die Zuschauer sind etwas anders, wie die im Stadion nebenan. Männer mit Kindern, Familien und junge Leute überwiegen. Da nahmen eine Frau mit ihrer Mutter und einer Freundin Platz. Mavericks-Outfit (T-Shirt und Jacke), dazu eine Fahne. Solch weiblichen Fans – im Stadion nebenan hätte ich sie auf der Fantribüne misstrauisch betrachtet. Die Stimmung unter den Fans war gut. Zwar erschöpfen sich die Anfeuerungsrufe in „Defense go“ samt rhythmischem Klatschen – der Jubel bei schönen Aktionen auf dem Feld war ganz schön mitreißend.
Die fast drei Stunden im Hockeypark waren kurzweilig, das Spiel spannend. Dank des Stadionsprechers habe ich einiges verstanden (Football ist ein richtiges Taktikspiel) – und wenn es mal langweilig wurde in den Unterbrechungspausen – da gab es ja dann die Cheerleader. Ich nehme (fast) alles zurück, was ich vorher abwertendes über Football dachte.
Nur eines nicht: Warum die ÜBER statt IN das Tor schießen, verstehe ich immer noch nicht…