MANOWAR: Fast ein Gottesdienst für den Lord of Steel

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Das Ende erinnert an einen Gottesdienst. „From a battle I’ve come -To a battle I ride“ schallt Eric Adams Stimme durch die Rodahal, die Stadthalle von Kerkrade nahe der deutsch-niederländischen Grenze. Niemand der 2000 in der Halle geht jetzt. Man zeigt den „Sign of the Hammer“ Richtung Bühne.

Die linke Hand umschließt das Handgelenk der Rechten, die mit geballter Faust über den Kopf erhoben wird – ein Symbol für Thors Hammer. „Saddle my horse as I drink my last ale“- hört man Eric Adams untermalt von Orgelklängen.

High and mighty alone we are kings

Dünner Kunstnebel schwabbert über die längst leere Bühne, Gemälde muskelbepackter Krieger mit Schwert -die Conan, dem Barbar ähneln – werden auf Leinwände geworfen. „High and mighty alone we are kings“, singen die 2000 im Chor, während Eric Adams, Bandchef und Bassist Joey DeMaio, Karl Logan (Gitarre) und Drummer Donnie Hamzik im Backstagebereich längst ihr Ale schlürfen. „Manowar“ nennen sie sich – und die US-Gruppe ist Kult in der Rock- und Metalszene.

„The Lord of Steel World Tour“ nennen Manowar die Tournee 2012, die sie nach Spanien, die Tschechische Republik, Russland und die USA führen. In Deutschland gibt es nur einen Auftritt (in Frankfurt) – und eben ein Konzert in den Niederlanden. In Kerkrade.

Loudest in the land

In den letzten beiden Stunden zuvor haben sie die Rodahal in einen kochenden Kessel verwandelt. Ein Gottesdienst des true metal, indem das schwermütige „The Crown And The Ring“ den Abschluss bildet.

Hear a rollin thunder
When we come across the land
Feel the ground a shaking
Start to understand
Sons of thunder
More than just a band
Kings of metal
Loudest in the land

So begann das erste Stück des Abends und zeigt das Image-Gerüst von Manowar, die sich selbst als „lauteste Band der Welt“ bezeichnen. 129,5 Dezibel wurden schon gemessen. Ihre Tontechnik bringen Manowar selbst mit. Die Qualität der Anlagen in den meisten der Hallen reicht Manowar nicht.

Es ist laut in der Halle. Gitarrenriffs zerreißen die Luft, Bass und Schlagzeug lassen Körper und Luft beben. Der Körper zuckt in Takt. Unwillkürlich. Gegenwehr zwecklos. Arme hoch zum Sign of the Hammer. Immer wieder. Die Band zeigt ,wann sie ihr Zeichen sehen will. Jeder macht da mit. Metalfieber.

Kingdom of Steel

Machos, Sexisten, Gewalt in Texten – all das hat man Manowar schon vorgeworfen. Und: Ja, das stimmt. Und das ist es aber, was den Reiz von Manowar, die im selbst geschaffenen „Kingdom of Steel“ leben, ausmacht.

Dark avengers armed with hatred

Black arrows and wings
By the hammer of thor
A holy war
For the crown and the ring
We ride the dragon and wield the power
To fight til we die
Sons of odin stand so tall
We all touch the sky

Hail, kill and die

So heißt es in „Hail, Kill and Die“. Seit 1980 gibt es die Gruppe. Die Musik kommt brachial, donnernd und mystisch daher. Wagnerianische Klänge in Metal. Orchestrale und symphonische Passagen, kräftige, ja aggressive Gitarren-Riffs und mystische Texte machen Manowars Stücke aus. Texte über Odin und Thor, Krieg und Kampf, Krieger und Tod, Schwerter aus Stahl, Ehre und Ruhm, Feuer und Blut, Hölle und Walhall- orientiert an nordischer Mythologie. Manchmal, so scheint es, fühlen sie die US-Jungs als Wikinger.

Touch the Sky

Das aber ist völlig in Ordnung. Denn die facettenreiche und gewaltige Stimme von Eric Adams hebt Texte und Musik in eine andere Dimension.

I was born with a hero’s soul
If you got one then you know
Reach my hand where the eagles fly
I feel so tall i can touch the sky

(aus Touch the Sky)

Magisch-mystisch ist vieles an Manowar (die sogar schon Plattenverträge mit ihrem eigenen Blut unterschrieben haben sollen). Und selbst ein Orson Welles hat schon Textpassagen auf Manowar-Platten gesprochen.

Manowar living on the road

In der Szene ist die Gruppe nicht unumstritten. An ihnen scheidet sich sogar die Szene. Denn Manowar sieht sich selbst als Vertreter des „wahren Metal“, macht true metal zur Markenware. Der eigenen. Poser (und das sind demnach viele andere) werden bekämpft.

Manowar Manowar living on the road
When we’re in town speakers explode
Now we don’t attract wimps ‚cause we’re too loud
Just true metal people that’s Manowar’s crowd

Bassist und Bandleader Joey DeMaio ist für Musik und Texte der wohl erfolgreichsten Metalband verantwortlich – und zugleich einer der umstrittensten Künstler seiner Zunft. Manowar sieht sich als „Speerspitze“ des Metal. Etwas, für das es sich zu sterben lohne….

„I believe in the fans. I believe in metal more than anybody you’ve ever met. And another thing, I’m prepared to die for metal. Are you?“ – — „Ich glaube an die Fans. Ich glaube an den Metal, mehr als jeder andere, den Du je getroffen hast. Und noch etwas: Ich bin bereit, für den Metal zu sterben.“

aus: Joey DeMaio im Rock Hard (2006).

Die Luft in der Rodahal ist geladen vom mal schreienden und kreischenden, mal donnerndem und dumpfen Sound. Einige hüpfen im Takt, Headbang überall, viele schreien Textpassagen mit. Bier fließt.

The Crown and the Ring

Die Jungs von Manowar haben Spaß. Wir kommen wieder nach Kerkrade, ruft Eric Adams. Die Halle tobt. Zwei Zugaben, dann sind sie weg von der Bühne. Aus den Boxen erschallt „The Crown and the Ring“. Arme hoch zum Sign of the Hammer. Andächtiges, trotziges und trutziges Innehalten. Manowar ist Religion. Für die meisten hier. Der Gottesdienst ist zu Ende – vorbei auch eines der besten Konzerte, das ich in letzter Zeit miterlebt habe.
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