Der Naumburger Dom ist als UNESCO-Welterbe eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler des Hochmittelalters. Hier finden wir Uta, die „schönste Frau des Mittelalters“.
Der spätromanisch-frühgotische Dom am Rand der Altstadt von Naumburg ist besonders wegen des Westchors mit den zwölf Stifterfiguren ein Besuchermagnet in der an Sehenswürdigkeiten nicht armen Region Saale-Unstrut in Sachsen-Anhalt.
Interessant ist bereits das Langhaus, denn die Kirche hat zwei Lettner. Früher war der Pfarrer in Kirchen unsichtbar für die Gläubigen hinter dieser Wand. Die Gläubigen sahen das Geschehen am Altar nicht, sondern konnten nur die Gebete hören. Die kunstvollen Trennwände im Naumburger Dom trennen das Langhaus von Ostchor und Westchor ab. Zwei Lettner in einem Kirchenschiff, das ist einmalig auf der Welt!
Der Ostlettner von 1220
Nach dem Besuch der dreischiffigen Hallenkrypta aus dem 12. Jahrhundert, dem älteste Bauteil des Naumburger Doms, stehen wir vor dem Ostlettner. Der Ostlettner ist einer der ältesten Hallenlettner Deutschlands. Er wurde um 1220 gebaut. Ein gotisches Kruzifix thront über dem romanischen Gewölbe mit der Darstellung verschiedener Heiligenfiguren. Im Chor dann ein eindrucksvolles mittelalterliches Chorgestühl.
Der Westlettner zeigt die Passionsgeschichte
Doch weitaus interessanter ist der Westlettner. Acht Einzelbildern zeigen die Passion, die Ereignisse von Gründonnerstag bis zur Kreuztragung Christi. Wertgeschätzte werden die farbigen Reliefs, auf denen die Figuren in kunstreicher Lebendigkeit gezeigt werden. In der Mitte, am Eingang zum Westchor, steht die lebensgroße Darstellung von Christus am Kreuz, daneben Maria und Johannes.
Beeindruckend ist die realistische Darstellung von Pflanzen, die Kapitelle und Simse schmücken. Man sieht Weinlaub und Efeu, Haselnuss und Kirsche.
Der Naumburger Meister
Im Westchor begegnen wir ihm: dem „Naumburger Meister“. Man weiß nicht wie dieser Bildhauer hieß. Er kam aus Frankreich und hat an Kirchen dort und in Deutschland Meisterwerke hinterlassen. Er war der Architekt des Westchores. Seine Spuren lassen sich von Nordfrankreich über Mainz nach Naumburg
und Meißen quer durch Europa nachvollziehen. Dieser namentlich unbekannte Architekt und Steinbildhauer hat mit seiner Bauhütte in der Mitte des 13. Jahrhunderts im Westchor in nur sechs Jahren sein Hauptwerk errichtet.
Der Naumburger Meister schuf das Meisterwerk des Doms: die Stifterfiguren im Westchor. Fantastische Darstellungen. Die zwölf Figuren stellen die Erststifter der Naumburger Domkirche dar. Gemeint ist die erste Kirche, also der Vorgängerbau der heutigen Kirche.
Die Stifterfiguren im Naumburger Dom
Es sind acht Männer und vier Frauen des deutschen Hochadels. Sie alle zeigen eine wirklichkeitsnahe Darstellung der Kleider und der Waffen. Sie begeistern durch ihre Lebendigkeit, Realitätsnähe und Ausdrucksstärke. Dargestellt werden die Grafen und Gräfinnen Gerburg, Konrad, Hermann und Reglindis,
Dietmar, Syzzo, Thimo, Ekkehard und Uta, Gepa und Dietrich, die im 10./11. Jahrhundert lebten.
Diese Stifterfiguren erhielten ihre Bekanntheit durch Fotos, die ein Fotograf in den 1920er Jahren hier machte. Er fotografierte für ein Buch die Figuren in dem Stil, in dem damals die großen Stummfilmstars fotografiert wurden. Da erkannte das Publikum die Schönheit dieser Figuren so richtig.
Uta, die schönste Frau des Mittelalters
Besonders eine Figur sticht hervor. Das Paar zeigt Markgraf Ekkehard II. und Uta von Ballenstedt. Die Figur der Uta gilt als eines der bedeutendsten plastischen Bildwerke der deutschen Gotik. Uta galt als schönste Frau des deutschen Mittelalters. Besonders in den 1930er Jahren galt sie als Ideal der edlen deutschen Frau.
Uta fand sogar den Weg in die Filmgeschichte. Zumindest im Zeichentrickfilm. Walt Disney nämlich nahm die Figur der Uta als Vorbild in seinen Film „Schneewittchen und die 7 Zwerge“. Allerdings nicht als hübsches Schneewittchen, sondern als böse Königin. Da Walt Disney nie in Naumburg war, hatte er vermutlich die Fotos im oben genannten Buch des Fotografen gesehen.
Wir verweilen lange im Chor mit den Stifterfiguren und können uns kaum satt sehen an ihrer Schönheit. Und so werden alle die anderen Räume und Objekte im Dom schon fast zu Nebensächlichkeiten. So wie die Elisabethkapelle mit der ältesten Steinskulptur der Heiligen Elisabeth von Thüringen. So auch Taufkapelle, Dreikönigskapelle, Evangelistenkapelle und Kreuzgang.
Weitere künstlerische Höhepunkte erwarten uns in der Schatzkammer mit der Naumburger Pietà, die Johannesschale aus dem 13. Jahrhundert, die das abgeschlagene Haupt Johannes des Täufers realitätsnah zeigt. In einem weiteren Raum wird versucht, den Weg des Naumburger Meisters durch Europa nachzuvollziehen.
Die Eindrücke, die wir im Naumburger Dom sammelten, haben uns begeistert. Die Schönheit der Kunst im Mittelalter, selten haben wir das so kompakt an einem Ort erlebt.
Übrigens: Es gibt ein Kombiticket mit dem Merseburger Dom, dessen Besuch wir ebenfalls nur empfehlen können.