Rysum, Grimersum, Pilsum, Frepsum, Canum und alle die anderen: Es sind die vielen kleinen Warftdörfer, die der Krummhörn ihren eigenen Charme verleihen. Nahe dem Kutterhafen Greetsiel liegen die Dörfer mit ihren schmucken Häusern und engen Gassen und bieten ein überaus reizvolles Reise- und Ausflugsziel.
Die Lage
Wir sind hoch im Norden. In Ostfriesland. Genauer in der Krummhörn. Es gibt zwar die Gemeinde Krummhörn, doch „die Krummhörn“ nennt man auch den gesamten Landstrich südwestlich einer Linie Greetsiel – Emden. Zur Krummhörn gehören die Gemeinden Krummhörn und Hinte sowie Emden.
Was sind Warftdörfer?
Einen besonderen Reiz in der Krummhörn haben die sogenannten Warftdörfer. Eine Warft ist in den nordwestdeutschen Marschgebieten ein aufgeschütteter Hügel aus Erde, Klei und Mist, auf dem eine Siedlung errichtet wurde. Die Warft diente zum Schutz bei Sturmfluten.
Denn bei Sturmfluten hieß es oft „Land unter“. Die Siedlung auf einer Warft bestand aus einer Burg oder Kirche, aus Höfen oder auch ganzen Dörfern. Allein in der Ferienregion Krummhörn-Greetsiel gibt es 18 bezaubernde Warftdörfer.
Loppersum
Zum Ortszentrum führt die schmale Straße leicht bergan. Wir betreten die Warft. Loppersum heißt der erste Ort in der Krummhörn, den wir besuchen. Auf der Warft stehen Wohnhäuser. Hier in Loppersum ist ein Herrenhaus der Mittelpunkt des Dorfes. Die heutigen Herrenhäuser waren früher meist die Burg einer der ostfriesischen Häuptlingsfamilien. In Ostfriesland entsprachen die Häuptlinge etwa den Grafen im Feudalismus.
Sehenswürdigkeiten in der Krummhörn
Zwar gehört Loppersum nicht zur Gemeinde Krummhörn, liegt aber – nahe Hinte – dennoch in der Region Krummhörn. Neben dem Herrenhaus von Loppersum steht die Kirche. Glockenturm und Kirchenschiff trennen mehrere Meter. Das machte man bei fast allen Kirchen in der Krummhörn wegen des weichen Marschbodens und der stark schwankender Grundwasserstände. Denn die schweren gemauerten Kirchtürme stehen auf dem weichen Boden nicht fest genug. Durch die Schwingungen der Glocken können die Türme in Schieflage geraten. Und das würde dann das ganze Kirchschiff gefährden.
Fast alle Kirchen hier gehören der evangelisch-reformierten Kirche. Die Reformierten sind in Ostfriesland in der Mehrheit. Im 17. Jahrhundert nämlich waren viele Reformierten aus den Niederlanden im Fürstentum Ostfriesland angesiedelt. Die Ausstattung der Kirchen ist schlicht. Es gibt – wie in reformierten Kirchen üblich – weder Altar noch Bilderschmuck.
Grimersum
Wir erreichen Grimersum. Das Dorf liegt auf einer Längswarft. Fast alle Dörfer in Krummhörn sind ansonsten Rundwarftdörfer. Die Kirche in Grimersum ist ein frühgotischer Backsteinbau, ab 1270 gebaut. Wir streifen durch die wenigen engen Straßen des Ortes, vorbei an ehemaligen Landarbeiterwohnhäuser.
In Grimersum hat man sie zu Ferienhäusern umgebaut. Es geht vorbei an bunten gepflegten Vorgärten, dahinter die kleinen roten Backsteinhäuser, spazieren in dem engmaschigen Netz vom schmalen Straßen und kleinen Plätzen. Neben der Kirche steht die „alte Dorfschule“. Die Zeit scheint in Grimersum stehengeblieben zu sein.
Groothusen
Um das Jahr 1000 begann nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen begann in der Krummhörn der Warftdörferbau. Damals entstand auch das Dorf Groothusen. Der Handelsplatz hatte sogar drei Burgen: die Oster-, Middel- und Westerburg.
Einzig erhalten blieb die Osterburg. Die heutige Anlage ist eine Wasserburg, die um 1500 gebaut wurde. Neben einem Restaurant in einem Nebengebäude der Burg ist ein Besuch im Wald hinter der Anlage interessant. Der Besitzer nennt ihn „Lost Garden“. Ein Spaziergang führt zu einer Statue des Gottes Pan. Ein romantisch wirkender Ort.
Pilsum
Das Rundwarftdorf Pilsum mit seinen rund 500 Einwohnern ist unser nächstes Ziel. Pilsum war einmal Sitz des ostfriesischen Häuptlingsgeschlechts der Beninga. Es gibt hier große Gulfhöfe (das ist die ostfriesische Bauversion der Bauernhöfe), kleine Landarbeiter- und Handwerkerhäuser und eine Brauhaus. Verwinkelte Gassen durchziehen den Ort.
Nicht weit entfernt vom Dorf liegt auf dem Deich der bekannte Pilsumer Leuchtturm. Er gilt aus kleinster Leuchtturm in der Region und ist durch seinen rot-gelben Anstrich ein bekanntes Ausflugsziel in Ostfriesland.
Freepsum
Freepsum liegt auf einer fünf Meter hohen Warft. Auch dieses Dorf wurde um das Jahr 1000 gegründet. Der ostfriesische Häuptling Folkmar Allena ließ in Freepsum im 15. Jahrhundert eine Burg bauen.
Auf dem höchsten Punkt der Warft liegt die Freepsumer Kirche. Sie wurde Mitte des 13. Jahrhunderts gebaut und inzwischen vielfach umgebaut. Noch heute erkennt man ehemalige Portale und Fenster.
Canum
Eine sehenswerte Kirche aus dem 13. Jahrhundert steht auch im Dorf Canum. Auch hier sieht man deutlich, dass der Eingang zur Kirche öfters verlegt wurde. Bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts lag der Eingang an der Ostseite des Kirchenschiffs.
Dadurch mussten Besucher zunächst den Chor durchqueren, um ins Kirchenschiff zu kommen. Darum verlegte man den Eingang an die Nordseite.
Pewsum
In Pewsum ist kaum noch zu erkennen, dass der Ort als Warftdorf gegründet wurde. Heute ist hier das Verwaltungszentrum der Gemeinde Krummhörn. Der lebhafte Ort mit seinen 3000 Einwohnern wirkt wie eine Kleinstadt. Wichtigste Sehenswürdigkeit in Pewsum ist die Manningaburg.
Die Burg war ursprünglich ein Häuptlingssitz der ostfriesischen Familie Manninga. Von der einstigen großen Anlage steht heute nur noch die von einem breiten Graben umgebene Vorburg.
Rysum
Für uns das schönste der Warftdörfer ist Rysum. Das Dorf wurde bereits mehrfach ausgezeichnet. 1998 kürte man Rysum sogar zum schönsten Dorf in Niedersachsen. In dem über tausend Jahre alten Dorf parken wir an der Rysumer Mühle, einem dreistöckigen Galerieholländer. 1964 wurde die Mühle stillgelegt. Seit 1995 wird sie als Museumsmühle betrieben. Rysum ist ein kleines romantisches Rundwarftdorf. Der Ort hat nur 400 Meter Durchmesser.
Die Kirche in Rysum
Die Rysumer Kirche steht im Ortsmittelpunkt, der höchsten Stelle der Warft. Das Kirchenschiff wurde im 15. Jahrhundert an den Kirchturm aus dem 14. Jahrhundert angebaut. Er gehörte zu einer Vorgängerkirche.
Im Innenraum der ansonsten kargen Kirche gibt es die älteste noch bespielbare und im Grundbestand erhaltene Orgel Nordeuropas. Stammt von 1440. Wir gehen auch hier vorbei an roten Backsteinhäusern und bunten Vorgärten.
In Rysum scheint die Zeit stillzustehen. Entlang der engen Gassen stehen Gulfhöfe, Handwerkshäuser und Landarbeiterhäuser. Wir sind hier sechs Meter über dem Meeresspiegel. Der Mittelpunkt von Rysum wird von mehreren Ringstraßen umgeben.
Ein Tag in den Warftdörfern der Krummhörn geht zu Ende. Einige wenige der sehenswerten Orte haben wir besucht. 18 Orte gibt es insgesamt. Eigentlich bietet jeder Ort einen Grund ihn zu besuchen. Der Touristen-Hotspot Greetsiel liegt ebenfalls in der Krummhörn. Von hier aus ist man übrigens in wenigen Minuten schon im ersten der Warftdörfer.
Das anderswohin-Video über die Dörfer in der Krummhörn
Warftdörfer-Tipps
Die Top 3, die man sehen sollte
Unsere Tipps sind Rysum, Grimersum, Pilsum.
Mit dem Auto
In den Warftdörfern gibt es nicht viel Platz. Die Straßen sind eng. Parkplätze im Dorf sind rar. Oft gibt es am Ortsrand (zum Beispiel in Pilsum) ausgewiesene Parkplätze. Mit dem Fahrrad ist man in den Warftdörfern besser unterwegs. Da die Orte nicht weit auseinander liegen empfehlen wir per Fahrrad zu reisen.
Gastronomie
Nicht jedes der Dörfer verfügt über gastronomische Betriebe. Vorab sollte man sich – auch wegen der Öffnungszeiten – im Web informieren.
Kirchen
Nicht alle Kirchen sind tagsüber geöffnet. Auch hier sollte man sich vorab im Web informieren.