Kann Lüneburg im tristen November interessant sein? Eigentlich nämlich lebt die Unistadt in der Lüneburger Heide, knapp 20 Kilometer südlich von Hamburg, von ihrem Flair an Sommertagen. Wir haben es dennoch im November 2014 probiert.
Eigentlich besucht man Lüneburg wenn die Lüneburger und die Touristen sich unter den Sonnenschirmen der Kneipen an der Schröderstraße treffen, wenn sie in den Biergärten und auf den Terrassen der Lokale am „Stint“ und den anderen Straßen umgeben von romantischen Giebelhäusern an schmalen Gassen und den Plätzen der Stadt sitzen. Dann, wenn man unter den Bäumen am alten Hafen Schatten sucht, das kühle Nass die Kehlen der Durstigen erfrischt – das ist die schönste Zeit in Lüneburg. Sicherlich.
Doch diesmal sollte es für mich ein Besuch im November sein, kurz bevor Lüneburg sich dank der Lichter und Märkte zur Weihnachtsstadt wandelt. Und der Besuch im vorletzten Monat des Jahres war kein Fehler. Wie ich feststellte. Kalt ist es an diesem Novemberwochenende in der alten Salzstadt. Abends liegt Nebel selbst in den Straßen. Die feuchte Luft kühlt die Beine; die Luft ist schwer zu atmen.
Was tun an solchen Tagen?
Was also macht man an solchen Tagen in Lüneburg? Die Frage beschäftigte mich an diesem Freitagnachmittag nicht. Die Fußgängerzone ist heute weniger bevölkert als sonst, lernte ich schnell. Nur vereinzelt eilen Männer und Frauen durch die Straßen. Da viele, die jetzt unterwegs sind, nur zum Einkauf eilen, ist es in den Kneipen nicht allzu voll. Das „Comodo“ an der Schröderstraße ist eigentlich mein Lieblingslokal in der Stadt. Zwar hat man heute die Tische, Stühle und Sonnenschirme vor dem Comodo weggeräumt – nicht umsonst lobt man überall das „italienische Flair“ des Vierecks unter Bäumen – doch drinnen kann man auch den Tag verbringen.
Zumal das Comodo sich in mehrere Räume aufteilt. Riesiger Nichtraucher- und Raucherraum, Kinderspielzimmer etc. Dazu Beamer und große Flatscreens, die entweder Nachrichten, Musik-TV oder Fußball zeigen, dazu ein „Lüneburger Pils“ (oder ein anderes) – was will man mit Aussicht durch die großen Fenster auf die Fußgängerzone mehr?
An den anderen Seiten des Platzes gibt es zwei weitere interessante Gastro-Unternehmen. Das „Zwick“ – die Kneipe mit den vielen Fernsehern und der Bühne für Livemusik am Samstagabend verteilt seine Gäste auf zwei Etagen – und das Mäxx (ebenfalls zwei Etagen, räumlich das wohl größte Gastro-Unternehmen am Platz) sind heute nicht übervoll. Das schafft eine Atmosphäre ohne Hektik und großer Lautstärke, sodass sich das Bier umso besser genießen lässt.
Zahlreiche Kneipen, Bistros und Restaurants verwandeln die Schröderstraße bei schönem Wetter zur Partymeile. Das ist heute nicht der Fall, aber das „News“ und das „Central“ ziehen nicht nur wegen der Getränke, sondern auch wegen ihrer Speisekarten viele Gäste an.
Genauso wie die Restaurants und Kneipen am „Stint“. Der Weg dorthin führt über den heute einsam daliegenden Rathausvorplatz. Das alte verwinkelte Rathaus liegt in romantischen Licht der Scheinwerfer. Auf dem Platz werden die ersten Buden für den Weihnachtsmarkt, der schon bald beginnt, aufgebaut.
Wo Salz auf Schiffe verladen wurde
Ein wenig bergab Richtung Ilmenau und man steht am „Stint“. Hier, im alten Hafen Lüneburgs, wurde im Mittelalter das geförderte Salz auf Schiffe verladen, die es bis nach Lübeck transportierten.
Heute ist der Stint eigentlich eine Art Freilichtmuseum mit altem Kran, nachbauten Salzbooten im aufgestauten Wasser, den verwinkelten Häusern (in denen sich die Restaurants, Bierkeller und Kneipen befinden) und den zahlreichen Gebäuden des Hotels Bergström sowie des angeschlossenen Alten Kaufhaus mit (heute geschlossenem) Biergarten, Weinkontor, Restaurant und Café. Das sonore Rauschen des Wassers am Wehr, die von Liebespaaren hinterlassenen Schlösser am Geländer der Brücke und die neblige Luft verwandeln den Stint jetzt im November in einen eigenartig, fast surreal aussehenden Ort.
Etliche Kneipen, Restaurants und Brauhäuser locken auch in die vielen Nebenstraßen und Gassen des Stadtzentrums. Vortrefflich lässt sich hier zu fast jeder Tageszeit speisen. Im Mäxx ebenso wie im Café Central, im Schallander, beim Griechen und im Restaurant Mälzer, der Krone etc.
Im Salzmuseum der Stadt
Wer kräftig aufgewärmt werden will, geht in die Therme „Salü“ am Kurpark, gleich neben der Innenstadt. Oder in eines der Museen. Sogar das Ostpreußische Landesmuseum gibt es hier. Ein neues Museum befindet sich noch im Bau. Im Frühjahr soll es eröffnet werden. Vor allem aber das Salzmuseum am Rand der City ist interessant, geht es doch nicht nur auf die Geschichte des Salzabbaus und Siedens wie des Handels in Lüneburg ein, sondern auf das Thema „Salz“ insgesamt.
In den Straßen der Fußgängerzone findet man neben den vielen Filialisten noch viele alteingesessene Geschäfte. Dazwischen stehen bereits die Holzbuden mit Märchenfiguren, die während des Weihnachtsmarktes eine nicht nur für Kinder interessante Märchenstraße bilden werden.
Kloster Lüne und der Krusenhof
Etwas außerhalb liegt das „Capitol“, eine der interessanten Kneipen der Stadt, in der ich den ganzen Nachmittag verbringe, bevor am Abend wiederum das Comodo mein Ziel ist.
Da auch die nähere Umgebung von Lüneburg überaus interessant ist – genannt seien hier das Kloster Lüne (mit Café und Restaurant) und der Ort Ammelinghausen (knapp 25 Kilometer entfernt) – verbringe ich den folgenden Nachmittag in Süttorf bei Neetze. Ein durchaus kleiner Ort mit mehreren Gutshäusern. Eines davon ist der Krusenhof. Den kennen die Zuschauer der in Lüneburg gedrehten Telenovela „Rote Rosen“ sehr gut.
Denn hier liegt in der Serie das „Gut Flickenschild“, seit Jahren immer wieder Drehort von Filmszenen. Gegenüber des Krusenhofes liegt der „Reiterhof“. Ein Seniorenheim mit einem ausgezeichneten Café, in dem man Stunden verbringen kann.
In den Studios des NDR
Den Sonntag dann verbringe ich zum Teil im Industriegebiet. Denn hier liegen die Studios des NDR, in denen die Telenovela Rote Rosen gedreht wird. Gelegentlich dürfen Besucher am Wochenende rein und die Deko bewundern. Da vor allem wegen der Telenovela viele Touristen nach Lüneburg – hier wird immer wieder in den Straßen der Stadt gedreht – kommen, sind die Studiotouren des NDR auch stets schnell ausgebucht.
Erschöpft von dem vielen Filmwissen an diesem Tag ist der Spaziergang durch die Straßen der Stadt mit ihren vielen Sonntagsspaziergängern dann eine willkommene Abwechslung. – Nebel liegt zwar immer noch in den Straßen, aber gerade dadurch wirkt Lüneburg an diesem Sonntag, während der Abend beginnt, wie eine Stadt aus einem Märchen.