Gegenüber dem Rathaus in der Innenstadt von Danzig reisen wir im „Uphagenhaus“ zurück in der Geschichte. Früher war das Uphagenhaus ein nobles Wohnhaus. Heute ist es ein Museum, das eine Zeitreise ins 18. Jahrhundert möglich macht.
Im Uphagenhaus soll die Zeit stehen geblieben zu sein. Alles ist voller Prunk aus dem 18. Jahrhundert, heißt es. Ich betrachte die herrliche Fassade mit dem Portal aus Sandstein und trete ein.
1775 erwarb der Danziger Kaufmann und Ratsherr Jan Uphagen ein altes Haus an der Langen Gasse in Danzigs Rechtstadt. Schräg gegenüber dem Rathaus errichtet, ließ er den Neubau in bester Lage errichten. Jan Uphagen ließ Elemente des Spätbarock, Rokoko und Klassizismus in dem Bürgerhaus einfließen. Uphagens Wohnhaus galt schon bald als eines der schönsten Patrizierhäuser in der Stadt.
Ein Haus mit dem Wappen der Familie Uphagen an der Fassade, das auch in den Innenräumen so schön war, dass die Familie später entschied, es so zu erhalten, wie es damals aussah. 1910 wurde das Bürgerhaus zum Museum. Bis in die Zeit des 2. Weltkrieges hinein besichtigte die Danziger Gesellschaft das Museumshaus, das unverändert zeigte, wie man zu Goethes Zeit gelebt und gewohnt hat. 1942 lagerte man Einrichtungsgegenstände wegen des Krieges aus. Teilweise sind sie allerdings nie wieder aufgetaucht. 1945 brannte das Haus sogar ab.
Das Uphagenhaus ist rekonstruiert
Das Haus, das ich heute betrete, ist – wie fast alles in Danzig – kein Original-Bauwerk. Nach dem Krieg von Polen wiederaufgebaut wie im Originalzustand, man nahm dabei alte Fotos zur Hilfe. Heute sieht es wieder aus wie ein Wohnhaus im 18. Jahrhundert. Ende der 1990er Jahre war das Uphagenhaus mithilfe der deutsch-polnischen Gesellschaft endgültig fertiggestellt worden.
Ich will ehrlich sein. Im Haus habe ich mich zunächst nicht gefühlt wie ein Ratsherr oder Kaufmann aus dem 18. Jahrhundert. Auch nicht wie ein Hausdiener. Sicherlich, alles sieht aus wie vor 200 Jahren. Aber das Wissen, dass dies alles hier rekonstruiert ist, schadete zunächst der Illusion. Dennoch ist das Uphagenhaus ein Museum, das man sehen muss. Als „Werter Herr“ versuche ich mich dann der Illusion hinzugeben, ein Gast im 18. Jahrhundert zu sein, der durch die Eingangstür tritt.
Blick aus der Teestube auf die Arbeiter
Unten die Diele. An der Seite führt eine Treppe hoch in die oberen Stockwerke. Ein Nebenraum, hier war vermutlich ein Kontor. In der ersten Etage Fenster, die den Blick herunter in die Diele erlauben. Der überwachende Blick auf Besuch oder die Arbeiter in den Kontoräumen und der Diele waren so für den Hausherren möglich.
Vorbei an einer Fotoausstellung über die Westerplatte geht es in die repräsentativen Räume. Im Speisesaal glänzen bemalte Paneelen. Sie zeigen romantische Ruinen und beschauliche Landschaften. Ich sehe Wandnischen mit Medaillons, dekoriert mit Blumengirlanden und Motiven aus der Antike sowie militärische Szenen. Es gibt verzierte Vorhänge. In diesen Räumen wollte Herr Uphagen Gästen seinen Reichtum zeigen. Das wird auch im heute kargen Rest-Mobiliar klar.
Insekten- und Blumenzimmer
Zwei Durchgangszimmer folgen. Das sogenannte Insekten- und das Blumenzimmer. Sie werden so wegen ihrer Wandtäfelung genannt. Der Weg führt nun in das Musikzimmer. Der kleine Speisesaal dahinter ist der vielleicht schönste Raum im Uphagenhaus. Gemalte Früchte und Blumen zieren die Wände. Auch Vogel- und Pflanzenmotive sind zu sehen. Es sind die fröhlichen Farben, die diesem Raum seinen Reiz geben.
Betrachtet man den gedeckten Tisch in der Mitte des Saals, so kann man in der Fantasie sehen, wie die unscheinbare Tür an der Seite sich öffnet. Diener bringen das festliche Essen herein. Irgendwo spielt jemand auf einem Klavier. Aus dem Innenhof dringt das Geräusch von Pferdehufen auf Pflastersteinen. Ein Fenster ist einen Spalt weit geöffnete.
Wo die Köchin wirtschaftete
Eine Treppe führt hoch zu den Schlafgemächern, die heute allerdings verschlossen bleiben. Über eine Treppe gelange ich in die Küche mit einem gewaltigen Herd. Nach der Welt voller Prunk folgt jetzt das Gegenteil. In diesen Räumen hat die Köchin gewirtschaftet. Hier hat sich das Leben des Personals abgespielt.
Hinter der Küche liegt ein kleiner Innenhof. Hinter der hohen Mauer, die ihn umschließen, führt eine belebte Straße lang. Die Mauer schützte das Personal vor den neugierigen Blicken der Passanten. Durch das Tor rollten früher Pferdefuhrwerke in den Hof. Sie brachten dann die besten Lebensmittel für das standesgemäße Leben der Uphagens.
Die Mittagssonne scheint in den Innenhof. Es wird wärmer. Ich verlasse das Uphagenhaus. „Lebe er wohl“, höre ich die Stimme Jan Uphagens hinter mir. „Hat mir bei Ihnen gefallen“, murmele ich dankbar zurück.